Handwerk

plastizieren

Kunst und Handwerk in der Oberstufe

Dieser  Unterricht  wird  in  den  Klassen  9  und  10  in wechselnden  Epochen  mit  einer  durchschnittlichen Dauer von 5-6 Wochen und jeweils 2×3 Stunden pro Woche erteilt. Um jedem Schüler die Teilnahme an den  jeweils  in  der  9.  und  10.  Klasse  angebotenen sechs Fächern zu ermöglichen, wird die Klasse gedrittelt.

• 9. Klasse im ersten Halbjahr: Schmieden, Schreinern, Hell-Dunkel Zeichnen
• 9. Klasse im zweiten Halbjahr: Plastizieren
• 10. Klasse im ersten Halbjahr: Spinnen, Kupfertreiben
• 10. Klasse im zweiten Halbjahr: Malen, Weben, Schreinern

An die Stelle der in der 9. und 10. Klasse erteilten Epochen  tritt  in  der  11.  und  12.  Klasse  das  Wahlpflichtfach, der so genannte „Zug“. Hierbei besteht die  Möglichkeit,  sich  in  einem  von  insgesamt  drei angebotenen  Fächern  fortlaufend  über  zwei  Jahre  hinweg  zu  vertiefen.  Diese  Fächer  sind:  Malen, Schreinern, plastisch-bildhauerisches Gestalten.

 

Plastisches Gestalten – Von der elementaren Übung zum künstlerischen Ausdruck

Dieses  bildnerische  Fach  taucht  erstmals  in  der  9. Klasse als sechswöchige Epoche, an der alle Schüler teilnehmen,  auf.  Hier  werden  zunächst  elementare Übungen zu den Ausdrucksmöglichkeiten der plastischen Formensprache thematisiert und in Ton ausgearbeitet. Dazu gehören sowohl geometrische Formen wie  die  der  Platonischen  Körper  als  auch  Formumwandlungen,  die  aus  der  Kugel  entwickelt  werden. Im Weiteren tritt die Tierplastik in den Vordergrund. Hier  besteht  die  Aufgabe  darin,  die  Charakteristik eines frei gewählten Tieres zu erfassen und in eine angemessene künstlerische Form zu übertragen.

Im „Zug“ der 11. und 12. Klasse, der eine kontinuierliche  Arbeit  über  zwei  Jahre  hinweg  zu  Grunde legt, werden die künstlerischen und handwerklichen Möglichkeiten um ein Wesentliches erweitert. Nach einer  gemeinsam  gestalteten  Weihnachtskrippe, die in der Adventszeit die Eingangshalle der Schule schmückt, wählt sich jeder Schüler sein eigenes Thema und das ihm nahe liegende Material, in dem er  seine  Ideen  verwirklichen  will.  Zu  dem  bereits vertrauten  Ton  kommen  nun  auch  weitere  Stoffe  wie  beispielsweise  Gips,  Beton,  Wachs,  Metalle, Holz  und  Stein  in  Betracht.  Hieraus  ergeben  sich auch  handwerkliche  und  technische  Herausforderungen, die geübt und gemeistert werden wollen.

Die praktisch-künstlerische Arbeit wird zunehmend von einer gedanklichen Auseinandersetzung mit der Kunstgeschichte, insbesondere der Klassischen Moderne,  begleitet;  dies  schließt  auch  Ausstellungsbesuche mit ein. Die in der 11. Klasse gewonnenen Erfahrungen werden in der 12. Klasse vertieft und führen  zur  Befähigung,  daraus  den  berufsbezogenen Teil der Fachhochschulreife Prüfung (8. Fach) zu  bestreiten.  Diese  Prüfung  erfordert  in  diesem Fach drei Teile. Im Vordergrund steht hier die umfangreiche  praktisch-künstlerische  Jahresarbeit  zu
einem frei gewählten Thema. Ebenso anspruchsvoll ist auch die mündliche Prüfung, die die Entwicklung der  Architektur  und  Plastik  seit  der  Antike  sowie Grundkenntnisse  diverser  Bildhauertechniken  zum Inhalt  hat.  In  der  achtstündigen  praktischen  Prüfung  dann  können  die  künstlerischen  Fähigkeiten unter Beweis gestellt werden.

 

Schmieden und Kupfertreiben – Gestaltungswille in Metall

Im  Rahmen  des  künstlerisch-handwerklichen  Unterrichts  der  Klassen  9  und  10  befassen  sich  die Schüler mit  dem  Metall.  So  findet  in  der  9.  Klasse eine Schmiede- und in der 10. Klasse eine Kupfertreibepoche statt.

Schmieden in der 9. Klasse

Unser modernes Zeitalter wird seit der industriellen Revolution und insbesondere ab der Mitte des neunzehnten  Jahrhunderts  durch  die  großtechnische, von  Ingenieursleistungen  getragene  Anwendung deutlich  geprägt.  Um  nur  einige  Beispiele  zu  nennen,  denke  man  an  die  hochentwickelten  Maschinen, die vielfältigen Verkehrsmittel, die Leistungen in der Architektur, die durch die Kraft des Eisens in ihren  Wolkenkratzern  oder  Brückenbauwerken  nahezu unbegrenzte Möglichkeiten auslotet. Man  hat  sich  zwei  Eigenschaften  des  Eisens,  die diesen  Stoff  insbesondere  kennzeichnen,  zu  Nutze gemacht. Das eine ist die hohe Druckfestigkeit, die durch Stahlveredler, wie durch die Zugabe von Kohlenstoff und anderen Mineralen, modifi ziert wird
und  im  Weiteren  die   Biegefestigkeit  und  die  damit  verbundene  plastische  Verformbarkeit.  Diese beiden Merkmale stehen sich wie polar gegenüber, indem  sich  die  Druckfestigkeit  zur  Statik  und  die Biegefestigkeit zur klingenden Dynamik ins Verhältnis setzen lassen.

Letztere  Eigenschaft  ermöglicht  es  dem  Schmied, seine  Gestaltungsideen  zu  verwirklichen.  Um  das Eisen jedoch bearbeiten zu können, wird die Zuhilfenahme des Feuers notwendig. Für ein gutes Gelingen der Arbeit ist eine sorgsame Pflege und ein sicherer Umgang mit diesem Element eine selbstverständliche  Voraussetzung,  die  an  eine  Gruppe  von  meist  zwölf  Schülern  immer  wieder  eine deutliche Herausforderung darstellt. Hierzu gehört auch  ein  hohes  Maß  an  ungeteilter  Aufmerksamkeit,  die  sich  in  vorausschauendem,  umsichtigen und nicht zuletzt auch in vorsichtigem Handeln erüben lässt.

Bei dem eigentlichen Schmiedevorgang hat man es abermals  mit  Gegensätzlichkeiten,  die  sich  in  der Stabilität des Ambosses, der mit seiner Masse das Eisen  stets  von  der  Unterseite  her   mitformt  und dem  von  oben  kraftvoll  und  zielgerichtet  geführten Hammerschlag, zu tun. Daraus wird ersichtlich, dass der Schmied sein Werk in der Mitte, d. h. zwischen oben und unten, zwischen vorne und hinten, sowie zwischen rechts und links gestaltet. Als Techniken  werden  die  elementaren  Schmiedeelemente wie Strecken, Stauchen, Biegen, Kehlen, Schroten, die zur Herstellung einfacher Gebrauchsgegenstände  zum  Einsatz  kommen,  geübt.  Auch  erleben  die Schüler exemplarisch, wie beispielsweise ein Meißel aus  der  Bildhauerwerkstatt  gehärtet  und  angelassen  wird.  Eigene  Entwürfe  und  deren  technische Ausarbeitung  sind  eine  weitere  Möglichkeit,  der  in dieser Epoche Raum gegeben wird.

Dass sich aus diesem Handwerk, das den Menschen sowohl  in  seinen  kognitiven  wie  auch  in  seinen emotionalen und willentlichen Äußerungen fordert, Fähigkeiten  entwickeln,  zeigt  manch  ein  Schüler nur alleine dadurch, dass er mit seinem gelungenen Werkstück  etwas,  was  er  sich  so  nicht  zugetraut hätte,  geschafft  hat  und  das  sichtbar  gewordene Ergebnis seiner Bemühungen stolz mitnimmt.

Kupfertreiben in der 10. Klasse

Das Kupfer, das neben einer Vielzahl an bunten Erzen auch in Form von fl ächigen und auch fein verzweigten  Bildungen  (Kupferbäumchen)  gediegen vorkommt,  zeigt  in  seinen  Anwendungsbereichen eine ganz andere Charakteristik als das Eisen. Hierbei  sind  insbesondere  zwei  Qualitäten  zu  nennen, die  sich  einerseits  in  den  schützenden  Verwahrungen von Dächern und Türmen oder auch in der Gefäßkunst  und  andererseits  bei  der  Verwendung von  Elektrizität  und  Wasser  führenden  Leitungen zeigt.

Beim  Kupfertreiben,  auch  Kaltschmieden  genannt, kommen  zur  Gefäßherstellung  zwei  Techniken  zur Anwendung:  das  „Treiben“  und  das  „Stauchen“. Erstere wird  mit dem kugelförmigen Treibhammer, der  das  Metall  auf  einer  ebenen  Unterlage  (ohne Gesenk) ausdünnt und Letztere mit der linear ausgebildeten Finne des Schweifhammers, die das Material über ein geschwungenes Horn staucht, ausgeführt. Sowohl bei der Herstellung einer getriebenen Schale als auch bei der eines mehr geschlossenen Gefäßes, wie beispielsweise einer Vase, ist der Arbeitsgang von geometrischen Elementen begleitet.

Ausgehend vom Zentrum, wird die Form durch eine streng spiralig angeordnete Werkzeugspur zur radialsymmetrischen  Form  aufgezogen.  Es  hinterlässt so  jeder  Ausdruck  der  unzähligen  einzelnen  Hammerschläge  einen  unverwechselbaren  Eindruck  in dem auf diese Weise entstehenden Werkstück. Mit dem letzten Arbeitsgang des so genannten „Schlichten“ werden alle noch verbliebenen Unebenheiten in eine  ebenmäßige  Oberfl ächenspannung  gebracht. Die beim Eisenschmieden angesprochenen drei Dimensionen  des  Raumes  werden  nun  hier  bei  der Gefäßbildung um das bewusst gestaltete Verhältnis zwischen „Innen“ und „Außen“ erweitert.

Ulrich Rein

 

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Schreinern in der Oberstufe – Wollen allein genügt nicht

Im Fach Schreinern wird vom Schüler Geschicklichkeit,  Exaktheit  und  soziales  Verhalten  geübt  und verlangt.  Vor  allem  Exaktheit  ist  beim  Schreinern ein  absolutes  Muss,  denn  wenn  eine  Holzverbindung nicht passt, fällt sie auseinander. Das Wollen allein genügt beim Schreinern nicht. Es finden sich Denken  und  Tun  in  Selbsterkenntnisprozessen  zusammen,  was  für  dieses  Lebensalter  heilsam  und ernüchternd sein kann. Das Fühlen wird beim richtigen „Einfühlen“ in das Werkzeug ebenfalls gefordert, um dem lebendigen Werkstoff Holz gerecht zu werden.  So  finden  wir  auch  beim  Schreinern  Denken, Fühlen und Wollen wieder.

In  der Schreinerepoche wird  der Schüler zum  ersten Male mit Aufgesägten, sägerauen Brettern konfrontiert und nicht mit selbst gespaltenem Holz. Bei der Arbeit tauchen wir nicht mehr wie beim Schnitzen in das Holz ein, sondern wir bearbeiten in der Regel  immer  nur  die  Oberfl äche  des  Holzes.  Das Brett als Werkmaterial für den Schreiner fordert zu konstruktiv  gedachten  Holzverbindungen  heraus. Der rechte Winkel spielt nun beim Schreinern zum ersten  Mal  eine  außerordentliche  Rolle.  Zu  dem richtigen Winkel gehört eine gerade Linie. Mit Hilfe der Schreinerwerkzeuge können wir diesen Winkel sowie  Geradlinigkeit  und  Exaktheit  üben  und  herstellen. Zunächst lernen wir das Sägen mit der Gestellsäge, das Ablängen der Bretter, Besäumen, auf Maß  sägen.  Zum  anderen  das  Hobeln.  Wir  richten ab,  fügen  an,  hobeln  auf  Dicke,  hobeln  Beine  (für Hocker). Der „klassische“ Hocker eignet sich gut für die erste Schreinerarbeit.

Der  Schüler  muss  alle  Holzrichtungen  mit  der Säge,  dem  Hobel  bearbeiten.  Das  menschliche Auge  bemerkt  sofort,  wenn  an  dem  Vieleck  der Sitzplatte  etwas  ungenau  gearbeitet  wurde.  Die Beine werden ebenfalls gehobelt. Aus einem quadratischen  Holz  wird  mit  dem  Hobel  ein  rundes Hockerbein  hergestellt.  Da  die  Hände  in  der  Unterstufe auf das Tasten hin geschult wurden, fühlen wir schnell, ob nun das runde Hockerbein gelungen ist. Wenn Beine und Sitzfläche hergestellt sind,  werden  sie  miteinander  verzapft,  d.  h.  eingebohrt und verkeilt.

In den folgenden Jahren wird das Schreinern gesteigert. Es ist oft in der 9. Klasse eine schwere Zeit, bis der  neue  Einklang  zwischen  Intellekt  und  Wille  errungen ist. Die Grundübungen wie Sägen, Stemmen und  Hobeln  müssen  sauber  erlernt  werden,  sollen aber nur Grundlage für eine weitere Gestaltung sein.

In  der  10.  Klasse  erleben  wir  einen  Wendepunkt des  Jugendlichen,  die  Reifezeit  geht  zu  Ende,  der Jugendliche  ist  auf  der  Erde  angekommen.  Der Schüler  verlangt  nach  mehr  Achtung  vor  der  Persönlichkeit. Wir bekommen neue Aufgaben, da das subjektiv Seelisch-Geistige sich in das objektiv Physisch-Leibliche nun wirklich eingebettet hat. So wird in  der  10.  Klasse  richtig  geschreinert.  Der  Schüler erlernt nun einige klassische Holzverbindungen und stellt ein eigenes Möbel her.

In der 11. Klasse haben sich die Schüler einen Zug gewählt, welchen sie in der 11. und 12. Klasse das ganze Jahr besuchen. Das bisher Gelernte wird vertieft  und  neu  hinzu  kommt,  dass  der  Schüler  an verschiedene  Holzbearbeitungsmaschinen  herangeführt wird. In der Regel wird im ersten Halbjahr für  die  Schule  geschreinert,  im  zweiten  Halbjahr ein  Möbelstück  für  sich  selber.  Die  Schüler  lernen das  Fachzeichnen  kennen  und  müssen  ein  funktionsfähiges Möbel mit Tür und Schubkasten planen, zeichnen und herstellen.

In der 12. Klasse müssen sich die Schüler auf ihre Fachhochschulreife-Prüfung  vorbereiten.  Die  Jahresarbeit soll ein Möbel sein, welches schon annähernd Gesellenstück-Niveau hat. Da die Fachhochschulreife-Prüfung  dem  beruflichen  Schulwesen untergeordnet  ist,  hat  sie  in  gewisser  Weise  den Charakter einer Handwerksprüfung. Sie besteht aus folgenden Teilen:

• Der Schüler muss eine Jahresarbeit anfertigen (eine Art Gesellenstück)
• Er muss unter Zeitvorgabe eine vorgegebene Arbeitsprobe herstellen
•  Er  muss  fachtheoretische  Kenntnisse  in  einer mündlichen  Prüfung  nachweisen,  welche  in drei Wochen Hauptunterricht gelernt werden.

Jede der drei Einzelprüfungen ergibt ein Drittel der Gesamtnote.

Als  Ziel  der  12.  Klasse  im  Schreinern  soll  stehen, dass der Schüler fähig ist, sozial und exakt in der Gruppe  zu  arbeiten,  alle  Holzverbindungen  zu  beherrschen,  zum  Teil  mit  Maschinen  umgehen  und selbstständig  ein  selbst  entworfenes  Möbelstück herstellen kann.

Alexander Seelig

 

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Spinnen und Weben

Woher kommt eigentlich unsere Kleidung? Wie wurde  sie  hergestellt?  Wo  finden  wir  Dinge  aus  textiler Herstellung, die uns umgeben und die wir täglich benutzen?  Welche  Faserstoffe  werden  in  der  Industrie verwendet? Antworten auf diese Fragen fi nden Zehntklässler  in  der  Spinn-  und  in  der  Webepoche.  Diese Epochen sind dem Technologieunterricht zugeordnet.

Die einzelnen Arbeitsschritte von der Fasergewinnung bis  zum  fertigen  Textil  können  gut  nachvollzogen werden und es kann auch anhand dieser Tätigkeiten die Technisierung der Arbeitswelt und die Industrialisierung vom Altertum bis zum heutigen Tage sehr gut anschaulich gemacht werden. Die Schüler lernen neben  dem  theoretischen  Wissen  natürlich  hauptsächlich die praktische Handfertigkeit des Spinnens und des Webens.

Erste Erfahrungen sammeln sie mit der Handspindel, danach erfolgt die Arbeit am Spinnrad. Hier braucht man eine gute Hand- und Fußkoordination bzw. ein gutes Gespür für das Verziehen der Fasern von Hand und der dazu passenden Geschwindigkeit des Spinnrades,  die  durch  den  Fuß  gesteuert  wird.  Unsere Schüler  verspinnen  Schafwolle,  die  sie  auch  selbst gefärbt haben.

Aus dem fertig verzwirnten Garn webt jeder sich einen Teppich auf Webstühlen, die in der Anfangszeit unserer  Schule  von  der  Schreinergruppe  einer  11. Klasse gebaut wurden.

Kathrin Bäuerle

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