Medienkonzept Freie Waldorfschule Filstal

Einleitung & Überblick
Mit dem Beginn des 21. Jahrhunderts haben durchgreifende Entwicklungen eingesetzt, die sich in historisch ungekanntem Tempo vollziehen. Hierunter nehmen die Digitalisierung und die mit ihr verbundene Medialisierung von Arbeitswelt und alltäglichem Leben eine herausragende Stellung ein. Sie eröffnen der Menschheit ungeahnte neue technische und soziale Möglichkeiten und stellen sie zugleich vor ungekannte Herausforderungen.
Auch Erziehung und Bildung sind davon nicht ausgenommen. Insbesondere formen digitale Medien unseren Weltbezug um, so dass sich das mediale Bild der Welt gegenüber der realen Welterfahrung in den Vordergrund drängt. Da es ihre Aufgabe ist, Kindern und Jugendlichen einen gesunden und trägfähigen Weltbezug zu vermitteln, müssen sich Erziehung und Bildung, Eltern wie Einrichtungen hierzu positionieren.
Das vorliegende Medienkonzept beschreibt, wie die Freie Waldorfschule Filstal mit den angedeuteten Entwicklungen umgehen möchte. Im Zentrum steht dabei die Ansicht, dass körperliche und seelische Gesundheit, Lebenssicherheit und eine individuelle und freie Selbstständigkeit als Erwachsener nur durch eine gesunde Verankerung im eigenen Leib und in der Sinneswelt angelegt werden können.

Angesichts von Big Data und der Macht der Algorithmen in Sozialen Netzwerken, durch die sich westliche Demokratien in Frage gestellt sehen, angesichts der ständigen Präsenz von Smartphones im Alltag, billionenschwerer Forschung an künstlicher Intelligenz, des Vormarsches intelligenter System in allen Bereichen von Alltagswelt und Arbeitsleben, wo in absehbarer Zeit 30 % der Arbeitsplätze der Digitalisierung zum Opfer fallen sollen, angesichts digitalisierter Waffensysteme und vielem anderen mehr stellen sich tiefgehende Fragen für eine gesunde Entwicklung des Menschen und eine nachhaltige Verantwortung für die kommenden Generationen. 100 Jahre nach ihrer Begründung verbinden sich damit zugleich neue Anforderungen an die Waldorfpädagogik, die Kernfragen einer lebendigen Pädagogik betreffen:

  • Wie kann ein in der Schule zu vermittelndes Wissen heute sinnvoll aussehen und in welcher Form soll und kann es vermittelt werden?
  • Welche Fähigkeiten brauchen die Kinder, um in der Zukunft einer medialen Wissensgesellschaft bestehen zu können?
  • Wie können die Kinder der kommenden Generationen ihre Intentionen und individuellen Kräfte entfalten, um eine nachhaltig gesunde Gesellschaft zu entwickeln?

Es ist uns an der Freien Waldorfschule Filstal ein Anliegen, die bestehenden Stärken der Waldorfpädagogik im Hinblick auf die Medienthematik herauszustellen und das Vorhandene innovativ zu pflegen. Dementsprechend sieht unser Medienkonzept eine gegliederte altersspezifische Ausrichtung nach Unter-, Mittel- und Oberstufe vor, die den drei Grundmotiven Schutz – Begleitung – Gestaltung folgt
(Einzelheiten siehe Tabelle unten. Literatur zum menschenkundlichen Hintergrund: H. Kullak-Ublick: Menschenkundliche Gesichtspunkte zur Medienpädagogik, in: Struwwelpeter 2.0 , S. 6-9).

Indirekte und direkte Medienpädagogik in der Waldorfpädagogik (aus: Struwwelpeter 2.0, S. 11)

Insbesondere in der Unter- und Mittelstufe stehen Sinnesbildung, Wirklichkeitsorientierung und analoges Lernen im Sinne einer indirekten Medienpädagogik im Vordergrund. Welche konkreten Maßnahmen der Waldorfpädagogik, welche Tätigkeiten im Unterricht fördern ohnehin die Sinnesentwicklung und wecken aufbauende, stärkende Lebensvorgänge in den Kindern? Der ganz normale Waldorflehrplan beinhaltet viele medienpädagogische Dimensionen. Diese gilt es mit den Eltern neu zu entdecken. – Warum ist das Stricken jetzt nochmal medienpädagogisch relevant? (Literatur zum Thema: E. Hübner: Indirekte und direkte Medienpädagogik, in: Struwwelpeter 2.0, S. 10-13; Struwwelpeter 2.1, S. 3-5).

Der beschleunigten medialisierten Entwicklung, die das alltägliche Zusammenleben in den Klassen oft schon sehr konkret und immer mehr berührt, tragen wir Rechnung, indem wir in der Oberstufe zunehmend Elemente einer direkten Medienpädagogik einsetzen: neben IT-Unterricht und Nutzung des Internets als Werkzeug stehen hier die Bildung von Urteilsfähigkeit, die Aufklärung über Gefährdungspotentiale und ein sozial verantwortlicher Umgang mit Medien im Vordergrund, außerdem ein kreativer Medieneinsatz als Teil des Kunstunterrichts. Ziel ist die Veranlagung eines souveränen, selbstbestimmten und verantwortlichen Mediengebrauchs.

Die Klassenlehrer bieten in jedem Schuljahr einen Elternabend an, bei dem Raum für das Thema Medien ist („Medienelternabend“). Neben dem Gespräch über Probleme und Anregungen für Umgangsformen mit Medien in den Elternhäusern besteht hier vor allem in den unteren Klassen die Möglichkeit, sich zu einer freiwilligen Selbstverpflichtung über den Mediengebrauch zu verabreden (einen Vorschlag zur Diskussion finden Sie hier). In der Oberstufe werden die Schüler mehr und mehr in dieses Gespräch einzubezogen. Darüber hinaus werden regelmäßig Experten eingeladen, um durch Vorträge, Seminare u.ä. im Dialog Themen zu vertiefen und angesichts der rasanten Entwicklung den Horizont zu erweitern.
Für jede Altersstufe wird zusätzlich ein Lehrer als Ansprechpartner für das Thema Medien bestimmt.

 

Übersicht

Unterstufe (Klasse 1-4)

Mittelstufe (Klasse 5-8)

Oberstufe (Klasse 9-13)

Grundmotiv Schutz Begleitung Gestaltung
Ziele & Methoden
  • Sinnesförderung
  • Wirklichkeitserfahrung
  • leibliche Stabilisierung
  • gesunde Gehirnentwicklung
  • indirekte Medienpädagogik
  • behutsamer Einsatz medialer Unterrichtsmittel
  • anfängliche direkte Medienpädagogik
  • Bildung von Urteilsfähigkeit
  • Bewusstsein für Gefährdungen wecken
  • Bildung sozialer Verantwortung (Mobbing etc.)
  • direkte Medienpädagogik
  • Bildung von Urteilsfähigkeit
  • Befähigung zu eigener Recherche etc.
  • Unterricht EDV
  • Medienpädagogik & Kunst
  • Medienpädagogik
Gefahren durch Medien
  • Bewegungsmangel, Übergewicht,…
  • Beeinträchtigung der Hirnentwicklung mit Folgen für Sozialverhalten und Bildungschancen
  • Verführung/Beeinflussung durch Werbung
  • siehe links
  • Mobbing etc.: versehentlicher und vorsätzlichMedienmissbrauch
  • Überfordernde Medienerlebnisse (Internet u.a.)
  • Sucht
  • Fremdbestimmung – Selbstbestimmung im Umgang mit Medien
Regeln & Maßnahmen
Aufklärung & Beratung Erziehende
  • jährlicher Medienelternabend
  • «Experten» (Vorträge, Seminare etc.)
  • jährlicher Medienelternabend
  • «Polizei» (Vorträge, Seminare etc.)
  • «Experten» (Vorträge, Seminare etc.)
  • Gespräche mit Eltern und Schülern zum Thema Medien nach Bedarf und Absprache
  • «Experten» (Vorträge, Seminare etc.)
Aufklärung & Beratung Schüler
  • «Polizei» (Vorträge, Seminare etc.)
  • «Experten» (Vorträge, Seminare etc.)
  • Gespräche mit Eltern und Schülern zum Thema Medien nach Bedarf und Absprache
  • «Experten» (Vorträge, Seminare etc.)
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