Harte Arbeit für die Entspannung der Gäste
Von Ende Mai bis Mitte Juni 2011 stand für uns (damaligen) Zehntklässler das Sozialpraktikum an. Ich verbrachte dieses Praktikum mit meinem Klassenkameraden Jonas in dem Mutter-Kind-Kurheim Alpenhof in Rettenberg, welches im Allgäu liegt. Der Alpenhof liegt auf einer Höhe von 1050 m nahe der Ortschaft Hinterberg und gegenüber des Grünten. Es ist eine hotelähnliche Einrichtung mit 39 belegbaren Zimmern, zwei Essenssälen (einer für die Erwachsenen, einer für die Kinder) und vier Heilverfahrensräumen. Das Kurheim dient der Entspannung psychisch sowie physisch überbeanspruchter Mütter und deren Kinder. Ernährung und Heiltherapien und -praktiken sind hierbei die wesentlichen Punkte des Programms.
Da der Alpenhof ausschließlich für Gäste bewohnbar ist, wohnten wir in einer Pension, die über einen 15-minütigen Waldmarsch zu erreichen und in der kleinen Ortschaft Sterklis zu finden ist. Dort fühlten wir uns außerordentlich wohl, hatten ein sauberes, schönes Zimmer mit eigenem Bad und einem Fernseher, dessen Funktionstüchtigkeit wir abends gern zur Entspannung nutzten. Nun zu unseren Aufgaben in der Kurstation: Wir als Praktikanten sollten die Pädagogen in ihrer Arbeit unterstützen und das Leben der Betreuer erfahren. Es gab drei verschiedene Kindergruppen: Die Wurzelstube für Kleinkinder, die Spielstube für Kindergartenkinder und die Grüntenstube für Schulkinder.
Den Vormittag verbrachten Jonas und ich gemeinsam in der Grüntengruppe, wo wir den Pädagogen Herrn Gelhaus unterstützten, der ein sehr geduldiger Mensch war, welcher stets streng blieb, ohne aber unsympathisch oder verständnislos zu wirken. Mit ihm verstanden wir uns sehr gut. In dieser Gruppe also ging es morgens um 8:30 Uhr los. Wir musizierten und sangen Lieder, die Herr Gelhaus und ich auf der Gitarre begleiteten. Nach einer anschließenden 10-minütigen Pause ging es weiter mit handwerklichen Aktivitäten wie Schnitzen oder Korbflechten, was – zugegebenermaßen – nicht nur für die Kinder eine Herausforderung darstellte, da Jonas und ich bei uns noch nie eine sonderliche Begabung für Derartiges feststellen konnten.
Die größte Herausforderung jedoch war das Mittagessen: Auch aufgrund der großen Altersunterschiede in der Grüntengruppe (wir hatten Kinder von 6 bis 13 Jahren dabei) war das Essen immer eine recht unruhige Angelegenheit, da die Großen nicht länger auf ihr Essen warten und lieber das Gedicht weglassen wollten, während die Kleinen teilweise mit den Tischdiensten wie Tischdecken oder Abräumen völlig überfordert waren. Ab und zu mussten wir mal ein Kind zur Seite nehmen und ihm ein wenig ins Gewissen reden. Im Endeffekt jedoch waren diese Vormittage und Mittage eine tolle und vor allem lustige Zeit.
Die Mittagspause verbrachten Jonas und ich meistens im Personalraum, in dem ein Computer mit Internetzugang stand und in welchem wir in Ruhe Gitarre spielen und uns entspannen konnten. Nicht selten nutzte mein Begleiter das Sofa für einen kleinen Mittagsschlaf. Nachmittags dann trennten sich unsere Wege: Während Jonas in die Spielstube ging, um die noch recht junge, stets gut gelaunte Frau Gruber zu unterstützen, blieb ich bei Herrn Gelhaus, mit dem es nun an die frische Luft ging. Das Allgäu bietet wirklich ideale Möglichkeiten zum Wandern und Entdecken und das merkte man auch den Kindern an. Waren sie vormittags stets etwas unruhig und stritten sich auf öfter mal, so war das Nachmittagsprogramm eigentlich immer harmonisch und gänzlich stressfrei. Auch Jonas ging mit den Kindergartenkindern oft in den Zauberwald, welcher direkt neben dem Alpenhof liegt, um dort ein wenig mit ihnen zu spielen. Er verstand sich gut mit Frau Gruber, der wir übrigens auch ein paar Mal in der Mittagspause ein wenig Gitarre beibrachten. Auch ich passte drei Tage lang auf ein zweijähriges Mädchen namens Aliona, deren Mutter es nicht gut ging, auf. Irgendwie passte es klasse zwischen uns und wir wurden richtig gute Freunde, sodass ich – ganz gegen meine Erwartung, da ich es bisher eher schwierig mit Kleinkindern hatte – die Kleine wirklich ins Herz schloss.
Am letzten Tag der Kur bestiegen wir zusammen mit Herrn Gelhaus und unserer Grüntengruppe den Grünten, den sogenannten „Hausberg“ des Alpenhofs. Wir hatten tolles Wetter erwischt und so war diese Wanderung ein wirklich schönes Abschlusserlebnis. Zurückblickend kann ich sagen, dass es eigentlich keinerlei negativen Punkte oder Erinnerungen gibt. Jonas und ich konnten uns gut in die Gemeinschaft der Pädagogen einfügen, hatten eine Menge Spaß und eine wirklich gute Zeit. Wir merkten zwar, dass es nicht immer leicht ist, seine Stellung als Respektsperson zu festigen, vor allem, wenn die Kinder selbst gerade einmal zwei Jahre jünger sind als man selbst, doch im Endeffekt kamen wir mit unseren Aufgaben sehr gut zurecht und bewältigten alles ohne große Schwierigkeiten. Auch mit den Pädagogen entwickelte sich eine gute Freundschaft.
Felix Breßmer, März 2012