Ein Rückblick auf die Geschichte der Freien Waldorfschule Filstal: Am Anfang war die Idee . . .
Was veranlasst Menschen, eine private Schulgründung zu versuchen? Sich den Mühen endloser politischer und behördlicher Genehmigungsverfahren zu unterziehen? Ein idealistisch gesinntes Lehrerkollegium aufzubauen? Millionen an Spendengeldern für die Baukosten zu sammeln?
Es waren die befeuernden Ideen von Rudolf Steiner, die eine wachsende Zahl von Menschen nach der Katastrophe des 2. Weltkrieges eine Waldorfschule im Kreis Göppingen erhoffen ließen. Vielen Eltern war es ein Anliegen, durch eine heilende Erziehung ihrer Kinder an einer besseren Welt mitbauen. Schon 1947 war Göppingen als Standort für eine Waldorfschule im Gespräch gewesen. Damals machte jedoch der „Engelberg“ bei Winterbach im Remstal das Rennen. Eine ständig größer werdende Zahl von Göppinger Kindern hat den langen Weg über den Schurwald in Kauf genommen, um eine Waldorfschule besuchen zu können. Göppinger Eltern sammelten wertvolle Erfahrungen bei der Mitarbeit im Engelberger Vorstand.
Im Jahre 1970 fand sich erneut ein Kreis von 20 Menschen zusammen, der die Gründung einer Waldorfschule angehen wollte. Diese Menschen waren geprägt einerseits durch das Filstal mit seinem industriellen Charakter, dafür standen besonders Rolf und Inge Bader, andererseits durch den Raum Bad Boll-Eckwälden mit seinen künstlerisch-therapeutischen Einrichtungen. Hierfür sind beispielhaft Karl und Anni Kossmann zu nennen. Eine Schule wollten diese Initiatoren ins Leben bringen, die in neuer Weise auf das praktisch-werktätige Leben vorbereitet, die andererseits das Künstlerische als einen Schwerpunkt besitzt und ihren Schülern bei Bedarf auch therapeutische Hilfen geben kann. Die örtlichen Politiker wurden in unzähligen intensiven, oft auch kontroversen Gesprächen für die Waldorfschule erwärmt. Das Lehrerkollegium der FWS Engelberg erklärte sich zur Patenschaft bereit. Das Interesse der Eltern im Landkreis Göppingen nahm stetig zu. Die grundlegenden Vorträge zur Waldorfpädagogik wurden bald von mehreren hundert Menschen besucht.
Am 12. September 1972 war es so weit: 43 fröhliche Kinder mit ihren sieben hoch motivierten Lehrern, darunter bereits ein Sprachtherapeut, zogen in das durch die Mittelpunkt-Schulreform freigewordenen Schulhaus von Auendorf ein. Es hatte drei Klassenräume und einen kleinen Turnsaal. In wenigen Monaten stieg die Schülerzahl der beiden Klassen auf 63 an und die ersten Wartelisten wurden angelegt. In jedem Jahr nahm die Schule eine neue 1. Klasse auf. Bald mussten zusätzlich Baracken errichtet werden. Fast alle Eltern halfen und bauten in engagierter Weise mit. Das soziale Miteinander in einer Pioniersituation ist anspornend und wärmend, wenn sie durch eine gemeinsam gefasste Idee getragen wird.
Für sechs Jahre war Auendorf Heimat für die junge Schule. Aber die Zwänge und Provisorien für die Lehrer wuchsen auch mit jedem Jahr. Schon beim Einzug war klar gewesen: Nur ein deutlich größeres Gebäude kann die Zukunft der Schule sichern. Der Landkreis hatte dem Schulverein das Schloss Filseck, damals noch eine Ruine, angeboten. Nach der ersten Euphorie hat man die Gelegenheit jedoch wegen der teuren Denkmalschutz-Auflagen verworfen. In Jebenhausen schien sich eine 2. Möglichkeit aufzutun. Sie scheiterte an den Einsprüchen des Ortschaftsrates. 1974 ergaben sich nach harter politischer Arbeit der Vorstandsmitglieder gleich zwei Möglichkeiten: in Heiningen und in Faurndau. Die bessere Verkehrsanbindung und die günstige Erbpachtregelung gaben nach hartem internen Ringen schließlich den Ausschlag für den „Haier“. Die günstigen Grundstückskosten gaben die Möglichkeit, unser Schulgebäude so schön und großzügig zu bauen, wie es heute ist. Der Einzug zum Schuljahr 1978/79 war ein einziges Fest. Die gerichtlichen Klagen der Nachbarn, denen ihre bisher so schöne Albsicht verbaut wurde, konnte mit mancherlei Zugeständnissen abgewehrt werden. Die zukünftige Entwicklung der Schule im Äußeren war gesichert. Bis zum Abschluss der letzten Neubaumaßnahme sollten aber noch weitere 30 anstrengende Jahre vergehen!
Der Aufbau der Oberstufe begann 1979. Die soziale Signatur unserer Zeit wollten wir in den Klassen altersgemäß thematisieren. Auch sollte in alle Unterrichtsfächer „Lebenskunde“ einfließen. Mit jährlichem Schüleraustausch von/nach Polen, Tschechien, Rumänien, Frankreich, Kasachstan z. B. wurde die Welt ganz unmittelbar in unsere Schule geholt. Soziale Projekte führten Schülergruppen bis nach Ghana. Durch „WOW“-Projekte zeigten die Schüler ihre Verantwortung für die eine Welt.
Möge es der Schule auch in der Zukunft gelingen, mit der übergreifenden Waldorf-Idee die Ideale ihrer Schüler in künstlerischer Weise zu wecken!