Nichts ist unmöglich in der Welt der Hölzer
Im Rahmen des handwerklichen Unterrichtes erlernen die Schüler überwiegend den Umgang mit dem Holz und mit den dazugehörigen Werkzeugen zur künstlerischen Holzgestaltung.
Zunächst gilt es, die Eigenheiten des zu bearbeitenden Holzes wahrzunehmen und in die Vorgehensweise einzubeziehen. Äste und welliger Faserverlauf müssen/brauchen nicht als Hindernis bewertet, sondern können/sollen als schöpferische Möglichkeiten erlebt werden. Das richtige Einspannen des Materials muss erwogen und probiert werden, damit man sicher an seinem Werkstück arbeiten und es gestalten kann. Der nun einsetzende Arbeitsvorgang bietet viele Beobachtungsmöglichkeiten, z. B. wie das Holz sich schneiden lässt, wie sich das Schnittbild verändert, ob das Holz splittert oder glatte Schnittflächen zulässt, man erkennt die Schönheit oder grobe Sprödigkeit der Späne, die Härte und Weichheit des Materials.
Darüber hinaus können die SchülerInnen ihr eigenes Reagieren auf diese vielen Aufgabenstellungen und Wahrnehmungsmöglichkeiten durch die Reaktionen des Holzes erleben und an ihrer Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit arbeiten. Im richtigen Führen der verschiedenen Schnitzeisen und dem Kräfte sparenden Gebrauch des Holzklüpfels können die SchülerInnen lernen, mit den mechanisch-physikalischen Gesetzmäßigkeiten umzugehen und diese im Tun zu erfahren und zu verstehen. Diese Übungsfelder begleiten und fordern die Heranwachsenden im Verlauf dieses Werkunterrichts.
Mit leuchtenden Augen und voller Schaffensfreude bearbeiten im 5. Schuljahr die Kinder das ihnen übergebene Holz. Raspel und Schleifpapier erlauben ihnen, jedwede Holzstruktur zu gestalten, die Schönheiten eines Astes im Material zu erleben und herauszuarbeiten. Das vermittelt das Erlebnis: Nichts ist unmöglich in der Welt der Hölzer. Diese Erfahrung werden sie im Verlauf der folgenden Jahre differenzieren müssen. Doch die Grundhaltung, aus jeder Situation noch etwas zu machen, den Mut nicht zu verlieren, wenn z. B. etwas bricht und nun Lösungen zu finden, durchzieht alle folgenden Jahre.
Im 6. Schuljahr stellt sich z. B. die Aufgabe, ein Gebäudedach aus einem massiven Stück Stammholz zu gestalten. Da werden klare Vorstellungen und einfühlsame Werkzeugführung gefordert und geübt, bis Giebel, Dachgauben und Kamine klar herausgearbeitet sind. Eine Außenhaut wird gestaltet, während der gedachte, unsichtbare Innenraum einfühlsam in der Vorstellung belebt und dazu in ein stimmiges Verhältnis gebracht werden sollte.
Im 7. Schuljahr sollen ein offener Innenraum, frei zugängliche Höhlungen, Innen- und Außenbeziehung an einem immer zerbrechlicher werdenden Werkstück geformt werden, das dann auch im Alltag eingesetzt werden kann. Hier wird der Vorgang des Einspannens zum ersten Prüfstein des Einfühlungsvermögens, das sehr viel Wachheit erfordert. Im freien Einsatz eines Schnitzbeiles beim Herausarbeiten eines Pfannenkratzers oder eines Setzholzes werden Kraft, Gleichgewicht, Konzentration und präzise Werkzeugführung eingebracht und geübt.
Eine Schale zu schnitzen erfordert Konzentration und Durchhaltevermögen. Am Tiefpunkt des Gefäßes ist sowohl ein besonderes Einfühlungsvermögen in die Gegebenheiten des Holzes zu entfalten als auch eine feine, schneidende Messerführung zu leisten. Einen Innenraum auszuhöhlen und eine diesem entsprechende Außenform zu gestalten, kann somit eine der zentralen Aufgaben im 8. Schuljahr sein, was diesem Lebensabschnitt durchaus formend entgegenkommt.
Matthias Labudde