Lebenserfahrung im Stall und auf dem Acker
Das Landwirtschaftspraktikum der neunten Klasse findet meist nach den Pfingstferien im Juni statt. Die Schüler leben und schaffen drei Wochen lang auf einem Bauernhof, der nach biologisch-organischer oder biologisch-dynamischer Methode arbeitet. Die Schüler bewerben sich selbst auf den Höfen, die in Bayern, im Allgäu, aber auch in Kanada oder in der Schweiz liegen. Bis zu zwei Schüler können gemeinsam auf einen Hof. Dort lernen sie die Lebensrealitäten eines landwirtschaftlichen Betriebes kennen. Durch die praktische Arbeit mit Pflanzen und Tieren kann so ein vertieftes Verhältnis zur Natur entstehen.
Das Landwirtschaftspraktikum ist kein Berufspraktikum, das ein möglichst genaues Berufsbild vermitteln soll. Es dient auch nicht dem Zweck, in möglichst vielen Schülerinnen und Schülern den Wunsch zu wecken, landwirtschaftliche Berufe zu ergreifen. Vielmehr sammeln die Jugendlichen Eindrücke, die stark persönlichkeitsbildend wirken, unter anderem dadurch, dass sie an der Erwachsenenwelt und einer ihrer Arbeitsformen teilnehmen.
Die Schüler sollen die landwirtschaftlichen Höfe verstehen, erleben und für einzelne Tätigkeiten Verantwortung übernehmen. Sie haben die Möglichkeit, Fähigkeiten und Fertigkeiten wie z. B. Teamfähigkeit, soziales Handeln und praktische Intelligenz zu entwickeln. Die Erfahrung, eine wichtige Aufgabe eigenständig bewältigt zu haben, kann auch über das Praktikum hinaus helfen, das Vertrauen in die eigenen Kräfte und Fähigkeiten zu stärken. Die Schüler erleben intensiv die Zeitfragen und die aktuelle Situation der heutigen Landwirtschaft. Sie haben die Möglichkeit, emotionale Bindungen zu Tieren aufzubauen und ihre Arbeitskraft sinnvoll einzusetzen.
Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt ist das Freiwerden aus dem Alltag. Das bedeutet für den Schüler, das Familiensystem für drei Wochen, ohne Unterbrechung, hinter sich zu lassen. Dazu gehört auch, dass man sich von „wichtigen Terminen“, wie z. B. Sportturnieren oder Familienfeiern fernhält. Schüler, die sich alleine auf das „Abenteuer Landwirtschaftspraktikum“ einlassen, gelingt es meist besser, sich in die Hofgemeinschaft einzugliedern und Verhaltensweisen aus der Klassengemeinschaft abzulegen. Vor und während des Praktikums werden die Schülerinnen und Schüler seitens der Schule eng betreut. In ihrer Zeit auf dem Hof werden sie mindestens einmal von uns besucht oder angerufen. Die Betreuer sind immer erreichbar und bei Problemen auch vor Ort. Die Aufgabe der Schüler ist es – neben der Arbeit auf den Höfen – ein Berichtsheft über den landwirtschaftlichen Betrieb, die Familie, Mitarbeiter, Tiere, Pflanzen, Wirtschaftsfl ächen und Lage samt Hofskizze anzufertigen. Die Arbeitsmappe soll das Praktikum möglichst detailliert und umfassend darstellen. Sie ist eigenständig und von jedem Schüler zu erarbeiten. Ein persönlicher Rückblick auf das Praktikum sollte die Arbeitsmappe vervollständigen. In einem kurzen Referat vor der Klassengemeinschaft beenden die Schüler das Landwirtschaftspraktikum.
Daniel Grass